Archiv der Kategorie: Berichte

Ausführlichere Texte von Menschen, die an den EU-Außengrenzen gewesen sind.

Einladung: Balkan Support Conference 2.0 & NoBordercamp in Griechenland // 23./24. April // Göttingen

Balkan Support Conference 2.0 & NoBordercamp in Griechenland

Einladung zum bundesweiten Treffen am 23./24. April in
Göttingen in der OM10 (Obere Masch Straße 10)


Wir greifen den Faden auf, der auf dem Vernetzungstreffen „Balkan
Support Conference“ im Februar in Göttingen begonnen wurde zu spinnen
und laden euch zu einem weiteren Treffen ein. Dort wird es den Raum
geben um an die begonnenen Diskussionen und AGs anzuknüpfen –
insbesondere laden wir euch aber hiermit zur Vorbereitung auf das
NoBorder-Camp Mitte Juli in Griechenland ein.

Die Grenzen auf der Balkanroute wurden geschlossen, tausende sitzen
derzeit in Idomeni fest, Menschen werden in Knäste gesperrt und werden
in die Türkei abgeschoben. Die Situation in Griechenland und auf
der Balkanroute hat sich ins Unerträgliche gedreht.
Wie ist die Situation in Griechenland aktuell und was heißt das für
das geplante Camp?
Viele von uns sind weiterhin entschlossen, sich dort vor Ort
einzubringen. Und vielerorts schwirren widerständige Ideen von No
Border-Aktionen und einem Camp in Griechenland umher!
Lasst uns diese zusammentragen und gemeinsam konkreter überlegen, wie
wir das gemeinsam auf die Beine stellen!

Kommt zum Treffen am 23. und 24. April in Göttingen, um über
Aktionsideen und das Camp in Austausch zu kommen und Verabredungen zu
treffen, wie wir uns konkret einbringen können. Gäste aus Thessaloniki
wollen auch dabei sein.


Was geschah bisher?
In Thessaloniki gab es am 7. März ein Vorbereitungstreffen von ca. einem
Dutzend Lokalen sowie einigen internationalen Gruppen. Hier ein kurzer
Abriss:


Das Camp soll aus Diskussionen und Aktionen bestehen.
Aufgeworfene Fragen betrafen die Beteiligung von selbstorganisierten
Geflüchteten/Migrant*innen oder wie eine längerfristige Struktur über
das Camp hinaus aussehen kann. Der favorisierte Ort für die Diskussionen
ist das Unigelände in Thessaloniki. Was die Aktionen angeht, scheint die
Stadt ein strategisch günstiger Ausgangspunkt für Aktionen an der Grenze
oder gegen andere Orte des Grenzregimes zu sein.

Wir sehen in dem Camp in Thessaloniki die Möglichkeit eines
transnationalen Zusammenkommens und der konkreten Aktion gegen die
Festung Europa. Wir wollen auf ein autonomes, selbstorganisiertes und
hierarchiefreies Camp hinarbeiten um unsere Unversöhnlichkeit mit den
bestehenden Verhältnissen zum Ausdruck zu bringen. Dafür sollten alle
ihre eigenen Ideen einbringen und Aktionsformen verwirklichen können.


Beginn am Samstag, 23.4. um 12h

Auf dem Treffen in Göttingen wollen wir gemeinsam darüber
diskutieren, wie eine Vorbereitung und Teilnahme am Camp aussehen kann.
 – Wie wollen wir uns einbringen?
 – Wie wollen wir uns aufeinander beziehen/ uns koordinieren?
 – Welche konkreten Absprachen wollen wir treffen und wie soll für
 weitere Planungen kommuniziert werden?
 – Wie soll mobilisiert werden? Wie können Gruppen und Menschen aus
 weiteren Ländern in das Campprojekt miteinbezogen werden? Wie kann die
 Teilnahme an einem solchem Camp für Aktivist_innen aus anderen Ländern
 unterstützt werden? (Reisekosten und Visa)
– Wie können Menschen, die vielleicht nicht nach Griechenland
wollen/können auch von hier aus supporten (z.B. Legal Support,
Öffentlichkeitsarbeit etc.)
– Welche anderen Aktionen sind im Sommer auf der Balkanroute und in
Griechenland geplant?


Fortsetzung am Sonntag, 24.02. um 11 Uhr


Wir freuen uns auf ein weiteres produktives Treffen!

Um Pennplätze werden wir uns vor Ort kümmmern. Bitte bringt Schlafsäcke
und Isomatten mit.

No Border, No Nation! Fight Fortress Europe!
openborders@riseup.net

 

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English translation:
Balkan Support Conference 2.0 & Preparation for NoBorderCamp in Greece
Invitation for the German-wide meeting on 23./24. April in Göttingen in OM10 (Obere Masch Straße 10)
We will continue where we ended to work on at the network-meeting „Balkan Support Conference“ in February in Göttingen and invite you to a further meeting. There will be the space to pick up the started discussions, plans and working groups – but especially we want to invite you to prepare together for the No-Border-Camp from 15. to 24. July in Greece.
 
The borders on the Balkanroute were closed, thousands are stucked in Idomeni, people are put into prisons and deported to Turkey. The situation in Greece and on the Balkanroute has turned into unbearable.
How is the situation in Greece at the moment and what does this mean for the planned camp?
Many of us are still strong-willed to stay active down there. And everywhere resistive ideas from No-Border-Actions and of a Camp in Greece are buzzing around!
Lets bring these together and think more concrete how we can organize this!

Come to the meeting on 24. and 24. of April in Göttingen to talk about ideas for actions and the camp and to agree on how we can contribute concretely. Guets from Thessaloniki will come to the meeting as well.
 
What happened so far?
In Thessaloniki there has been a preparation meeting on 7.  March from several local and international groups.
 
Short summary:
The camp is meant to be a place for discussions and actions.
Discussed were involvement of self-organized refugees/migrants and how a longer-lasting structure beyond the camp could look like. The favoured place for the discussions is the university place in Thessaloniki. Concerning the actions the city seems to be a strategical good point for actions at the border or against other places of the border regime.

We see the Camp in Thessaloniki as a chance of a transnational meeting and of concrete action against the fortress Europe. Our aim is an autonomous, self-organized camp without hierarchies to express our unforgiveness with the existing status quo. To reach this everybody should be able to contribute their ideas and realize their forms of action.

Start on Saturday at 12h
At the meeting in Göttingen we want to discuss how a preparation and participation at the Camp could look like.
      How do we want to contribute?
      How do we want to relate to each other/how do we want to coordinate?
      Which concrete agreements do we want to make and how should be communicated for further planing?
      How should be mobilized? How can groups and people from further countries/places be involved into the camp-project? How can the participation in such a camp be supported for activists from further countries/places? (travel costs, visa)
      How can people support/participate from here that maybe don`t want to go to Greece? (e.g. legal support, publicity work,…)
      Which further actions are planned on the Balkanroute and in Greece in summer?
 
We continue on Sunday, 24. April at 11h.
 
We are looking forward to a further productive and good meeting!
 
The meeting will be in English, we can organize translation if you need. Please tell us via email or on the weekend. We will organize sleeping places when you are there. Please bring sleeping bags and iso matrasses if you can.

No Border, No Nation! Fight Fortress Europe!
 
openborders@riseup.net

Was es für uns bedeutet, in Belgrad zu sein (23. März)

Belgrad, eine Transitstadt – so betiteln wir in unserem letzten Bericht diese Stadt, die zwar erst auf halbem Wege zwischen Idomeni und München liegt, jedoch bereits schon ein bisschen nach Europa und Sicherheit riecht. Da wir hier rund um die Uhr beschäftigt sind und an mehreren Projekten gleichzeitig arbeiten, wird es zunehmend schwieriger, unsere Eindrücke in Worte zu fassen. Wahrscheinlich spiegelt sich nicht nur für uns das Auf und Ab dieser Reise in den kommenden Absätzen wieder. Wir hoffen, trotz aller auch für uns weiterhin bestehenden Undurchsichtigkeit dennoch einen Ausschnitt von dem formulieren zu können, was uns hier begegnet.

Einkaufen gehen, ZigaWP_000015retten im Park rauchen, einen Tee oder Kaffee trinken gehen, mit Freund*innen abhängen, Pause machen – Dinge, die in unserem Alltag absolute Normalität darstellen, lassen nach Monaten des permanenten Ausnahmezustands für Menschen auf der Flucht ein bisschen Ruhe einkehren in das eigene Leben, das an keinem Tag so ist wie am nächsten.

Dies beeinflusst unseren Aufenthalt hier auf mehreren Ebenen. Vor allem dahingehend, dass vieles von dem, was wir tun, sich auf den ersten Blick nicht zwangsläufig als Arbeit gelesen wird – Unsere Tage aber dennoch meistens 18 Stunden haben, die gefüllt sind mit Organisieren, Vernetzen, Tee kochen, Reden, Da sein, Einkaufen und Planen.

Auch wenn sich das Ungleichgewicht der materiellen Verhältnisse in den letzten Tagen nicht verändert hat, hat sich doch unser Gefühl dazu stark gewandelt. Im Gegensatz zum letzten Bericht liegt der Fokus unserer Gedanken und Reflexionen mittlerweile viel weniger auf eben dieser materiellen und von Privilegien beeinflussten Ungleichheit, sondern auf den individuellen Geschichten, die Menschen an uns herantragen und die Freundschaften, die hier entstanden sind. Freundschaft, das bedeutet füreinander da sein – und genau so rückt das einseitige wir-weiße-Europäer*innen-geben-denen in der direkten Begegnung für einige Momente in den Hintergrund.. Dass diese Begegnungen aufgrund der katastrophalen Ausgangslage geschlossener Grenzen für uns zu persönlichen Grenzerfahrungen führen, ist selbsterklärend. Wir wollen daher in diesem Bericht zwei Perspektiven miteinander verbinden: Die derzeitige politische Situation und die persönlichen Geschichten, die sich in dieser abspielen.

Seit der Schließung der Grenzen sitzen ca. 2000 Menschen in Serbien fest. Viele dieser Menschen haben jedoch Verwandtschaft oder Freund*innen in anderen Teilen Europas, die sie als ihren sicheren Hafen anzusteuern versuchen. Dass die Grenzen dabei nicht nur aus rein rechtlicher Perspektive geschlossen, sondern auch physisch sicht- und greifbar militärisch abgesichert sind, treibt viele in eine tiefe Verzweiflung. Es macht den Anschein von Krieg, wenn der ungarische Grenzzaun nun nicht nur aus durchgängigem NATO- Stacheldraht besteht, sondern zudem auch technologisiert mit über 2km Distanz reichende Nachtsichtgeräten, Infrarotanlagen und Alarmanlagen sowie personell mit auf allen 50m in Gräben sitzenden Soldat*innen, sowie Grenzpatrouillen überwacht wird. Ein Versuch, die Grenze zu übertreten ist dabei nicht nur mit der unmittelbaren Konsequenz eines Gefängnisaufenthaltes verbunden, sondern auch mit physischer Gewalt seitens der Polizei, des Militärs, sowie organisierter Faschist*innen. Dass es unter diesen Voraussetzungen keine andere Möglichkeit als die des illegalisierten Schmuggels gibt, ist eine offensichtliche Konsequenz. Und während wir im Dezember noch viele Menschen getroffen haben, die den illegalen Transport konsequent verneint haben und sich stattdessen auf wochen- bis monatelange Fußmärsche vorbereitet haben, ist in Zeiten der europäischen Grenzschließungen und des Relocation-Programms Schmuggel die einzige verbleibende Chance, selbstbestimmt zu entscheiden, an welchen Ort es gehen soll. Dabei hören wir vermehrt von Fällen, in welchen Menschen hunderte Euros für eine*n Schlepper*in bezahlt haben, um dann auf ungarischer Seite von vermummten Männern in Empfang genommen und niedergeprügelt. oder von ungarischen Beamt*innen überfallen, ausgeraubt und physisch sowie psychisch misshandelt zu werden.

Die Aussichtslosigkeit, die aus dieser Situation resultiert, präsentiert sich in den persönlichen Geschichten, die Menschen uns allabendlich mitteilen.

Der, der sich vorgenommen hat einen Monat darauf zu warten, dass die Grenze offen ist und dessen Bezugspersonen alle bereits weg sind. Morgen ist dieser Monat vorbei, die Grenze ist nicht offen, die Lage weiterhin aussichtslos.

Der, der seit 2008 auf der Flucht ist und immer wieder abgeschoben wurde oder im Gefängnis saß und einfach nur in Frankreich bei seiner Familie ankommen möchte.

Die beiden, die von der ungarischen Grenze nach Belgrad zurückgekommen sind, weil sie nach drei Tagen ohne Essen durch den Wald laufen einfach nicht mehr konnten.

Der 50 jährige Familienvater, der zwei Jahre in Heidelberg gelebt hat und einfach nur zurück möchte.

Der, der im Gespräch eine tiefgreifende Analyse der politischen Verhältnisse in Afghanistan abliefert und trotz der perspektivlosen Umstände sich mittlerweile auf die Entscheidung vorzubereiten scheint, mit Aussicht auf die auf ihn zukommenden Erfahrungen in Ungarn seine eigene Deportation zu unterschreiben.

Die Großfamilie, die sich einfach nach einem ruhigen Leben sehnt und die vor zwei Monaten vor Krieg geflohen ist, weil sie es musste. Niemals war es ihr Ziel, dass ihre Kinder in Europa aufwachsen. Aufgrund der Lage in Syrien sieht sie sich nun jedoch zur Flucht gezwungen. Losgegangen sind sie mit der Perspektive einer riskanten Bootsüberfahrt und einem anschließenden Marathon über Bus- und Zugtransport durch Europa – und sitzen nun in der Illegalität fest.

Die drei Iraner, die in drei Tagen durch ganz Mazedonien gelaufen sind und vor Polizei und Mafia weggerannt sind, die von uns nichts anderes wollten als eine Zigarette und Informationen von der ungarischen Grenze, weil sie sich um alles andere selbst kümmern. Getragen von der pragmatischen Einstellung, dass Grenzen nichts anderes bedeuten, als ein paar mehr Umwege zu gehen.

Das aufmerksame Zuhören, sobald wir unsere Informationen über die Situation an der ungarischen Grenze teilen – der Moment, in welchem jegliche Selbstoffenbarung, die sonst in Gesprächen stattfindet absolut in den Hintergrund rückt und einfach nur konzentriert und detailliert nachgefragt wird, lässt uns ins Nachdenken kommen. Was dies über die aktuelle Lebenssituation der Menschen aussagt, ist für uns nur in Ansätzen erahnbar. Und zuletzt die immer wiederkehrende Frage danach, wann denn endlich die Grenzen aufmachen.
Das einzige, was wir tun können ist abwarten, Tee trinken und Fluchtpläne schmieden.Versuchen, die Verzweiflung gemeinsam auszuhalten.

Trotzdem bieten solche Begegnungen den Menschen auch die Chance, ein kleines bisschen von dem zu zeigen, was sie in ihrer Normalität auch sein und zeigen wollen. Sich über die alltäglichsten Dinge unterhalten, sei es Musikgeschmack, Liebesgeschichten, leckeres Essen und sich dabei nicht nur kennenzulernen, sondern eine Beziehung zueinander entwickeln – begleitet von der Freude, sich allabendlich wiederzusehen, den langsam entstehenden Insiderwitzen und dem Bewusstsein um die Sprache, in welcher miteinander kommuniziert werden kann. In diesen Begegnungen wird aber zum Anderen auch deutlich, dass das Bild vom armen, aber körperlich zur Flucht fähigen “Flüchtling” absoluter nonsens ist – denn in Zeiten ausschließlich illegalisierter Fluchtrouten, treffen sich auf diesen Routen Menschen unterschiedlichster gesellschaftlicher Hintergründe. Die Frage, die sich hieran anschließt ist, was es mit Menschen macht, wenn “du” immer nur ein “ihr” oder “die” ist. Wenn das einseitige Bild, das Menschen zu dem Begriff “Flüchtling” im Kopf haben, meilenweit entfernt von der eigenen Lebensrealität ist.

Wie fühlt es sich an, im Alltag genauso wie in Medien mit Sätzen, wie “die können hier doch nicht alle wohnen”, “die sind alle so und so” und “wir brauchen 200 Jacken für die” konfrontiert zu sein? Was machen Begriffe und Konzepte, wie “Obergrenze”, “Aufnahmekapazität”, “Verteilung nach Quote” und “Umsiedlung” mit der menschlichen Würde?
Woher kommt die Illusion, das Recht zu haben Menschen, die mit ihren eigenen Fähigkeiten, Bedürfnissen, Wünschen und Zielen auf dieser Welt sind, vorschreiben zu können, an welchen Ort sie gehen und unter welchen Verhältnissen sie zu leben haben?

All diese unterschiedlichen Ebenen, die in diesem Bericht angeklungen sind, wechseln sich in unserem “Alltag” von einem Moment zum nächsten ab. Ein Tag hat hier nicht 24, sondern mindestens 100 Stunden, so dicht aneinander liegt der Wechsel von Liebe zu Hass, von Freude zu Schmerz und von Hoffnung zu Verzweiflung. So etwas wie Routine kann und wird sich für uns in dieser Stadt nicht einstellen, dafür ist der Wechsel von Gesichtern zu schnell, die politische Situation zu gravierend und die anstehenden Aufgaben zu vielfältig. Und so werden wir getragen vom oszillierenden Strom der Energie, die sich aus all diesen Eindrücken und Gefühlen ergibt und machen weiter.
Denn zuletzt zeigen all diese Begegnungen,dass auch der bestmöglich abgesicherte Grenzzaun nicht alle Menschen davon abhalten wird, ihre Wege zu gehen und ihre Ziele zu verfolgen. Grenzen sind Hindernisse, aber sie sind niemals so stark wie die Fluchtgründe.

In diesem Sinne,
fight all fucking borders.

Überblick über geplante Proteste und Aktionen 2016

Wir möchten einen kleinen Überblick über geplante Proteste und Aktionen 2016 geben:

25.-29. März: #overthefortress Konvoi von Ancona (Italy) an die griechisch-mazedonische Grenze

1. bis 3. April 2016: No Border Action Days in Freiburg und Basel
Mehr Infos hier: http://noborderaction.blogsport.eu/

3. April: Mobilisierung zu Aktionen an die italienisch-österreichische Grenze
http://www.leila.network/493-2/

23. und 24. April: 2. Balkan-Support-Vernetzungstreffen und NoBorderCamp Griechenland Orga- und Mobilisierungstreffen im Om10 in Göttingen
Mehr Infos dazu bald hier auf dem Blog

24. April: Demo und Festival an der italienisch-österreichischen Grenze

27. bis 29. Mai 2016: De-Fencing Action in Solwenien/Kroatien
Mehr Infos bald

10. bis 12. Juni: Welcome2Stay Gipfel in Leipzig
Mehr Infos hier: www.welcome2stay.org

Anfang/Mitte Juli 2016: Großes transnationales No Border Camp und Aktionstage in Thessaloniki und Griechenland
Mehr Infos dazu bald

23. März: Proteste in und bei Idomeni

#‎naraontour‬

Proteste in und um Eidomeni!

Seit gestern protestieren viele der Flüchtenden in ganz Griechenland. An vielen Orten formieren sich Gruppen, die sich gegen die ihnen aufgezwungenen unhaltbaren Zustände entlang der Fluchtrouten auflehnen und für offene Grenzen und eine sichere Weiterreise kämpfen. Unzählige Menschen sind im Hungerstreik. Zwei Protestierende in Eidomeni haben sich gestern selbst angezündet.

Lasst uns Solidarität zeigen und die Protestierenden supporten, damit sie ihren Weg fortsetzen können!

‪#‎Idomeni‬
Seit gestern sind einige Menschen im Camp in Eidomeni im Hungerstreik. Immer wieder werden auch die Schienen besetzt und Gruppen ziehen demonstrierend durch das Camp. Auch die zwei Protestierenden, die sich gestern selbst angezündet haben, sind aus Eidomeni. Beide überlebten und sind nun im Krankenhaus. Die Lage für die Menschen hier ist unhaltbar und sie fordern ihr Recht auf Bewegungsfreiheit mit den Slogan „Open the borders!“ ein!

#‎Polykastro‬1934699_612699628892640_7960415583410172131_n
Heute starteten Flüchtende, die im Militärcamp „Nea Kavala“ bei Polykastro leben müssen, eine Straßenblockade in Polykastro. Die Situation dort ist, wie wir schon berichteten, mitnichten besser als in Eidomeni. Die Menschen berichteten uns auch heute nach erneuten Regenfällen wieder, dass dort das Wasser durch die Zelte läuft… Mindestens 100 der Bewohner*innen zogen daraufhin zur nahegelegen Autobahnauffahrt „Polykastro“ und blockierten die Autobahn zwischen Thessaloniki und der griechisch-mazedonischen Grenze in beide Richtungen so wie die Auffahrt und den Übergang. Sie traten vor Ort außerdem in den Hungerstreik. Auch viele Frauen und Kinder waren dabei und betonten imm12794616_612699508892652_9105620574610759851_ner wieder, dass auch sie nicht essen würden. Es kamen weitere Gruppen von der nahegelegenen Tankstelle hinzu, die seit einigen Monaten als Camp von ca. 2000 Flüchtenden genutzt wird. Sie schlossen sich dem Protest an. Es war sehr beeindruckend zu sehen, wie entschlossen die Menschen waren! Immer wenn Autos sich einen Weg bahnen wollten, kamen sofort viele hinzu und riefen „No! No! You don’t go! Open the borders!“ Noch bis jetzt in die Nacht hinein dauert die Blockade an und die Protestierenden machten immer wieder deutlich, sie würden bleiben wollen, bis die Grenzen offen sind. Zelte wurden auf den Kreuzungen und der Autobahn aufgeschlagen und Transpis wurden befestigt. Die Polizei verhielt sich bislang erstaunlich ruhig und machte keine Anstalten zu räumen.
Wir waren vor Ort um Solidarit

ät zu zeigen und die Menschen, wo es möglich ist, in ihrem Kampf zu unterstützen. Die Festung Europa und wir alle sind mit verantwortlich dafür, dass Tausende Menschen vor Krieg und Verfolgung flüchten und nun hier im Schlamm festsitzen!

Freedom of movement is everybodies right!
OPEN ALL BORDERS!
Support all refugees and their struggles!

19. März: #naraontour berichtet über Zustände in griechischen Refugee-Camps

In den ersten beiden Tagen konnten wir uns durch Gespräche mit Flüchtenden im Camp Idomeni selbst, aber auch durch einen Infoaustausch mit weiteren Aktivist*innen im Volunteershaus einen Überblick über akute Probleme vor Ort verschaffen. Bereits vor Beginn der Tour hatten wir uns darauf verständigt, dass wir dabei helfen wollten, Informationen zusammenzutragen, um sie fliehenden Menschen zur Verfügung zu stellen – wenn sie diese nicht schon längst haben.Route
Im Haus erfuhren wir von örtlichen Infostrukturen und bauten Kontakt zu Aktivist*innen von „welcome2europe“ auf, was sich als sehr günstig erwies, da diese ohnehin gerade an einem neuen Flyer arbeiteten und wir uns sinnvoll einbringen konnten. Zu Recherchezwecken verabredeten wir, dass wir uns die GPS-Koordinaten der Militärcamps, die von offizieller Seite als Alternative zu Idomeni und Polikastro angepriesen werden, besorgen würden. In einem Gespräch mit einem Menschen in Idomeni hörten wir von einem Camp nahe Athen, in dem die Missstände besonders dramatisch seien. U.a. dürften die Leute das Camp zu bestimmten Zeiten nicht verlassen bzw. betreten. Wir blieben mit ihm in Kontakt, weil er einen Freund von sich, der in eben diesem Camp untergebracht ist, für uns kontaktieren wollte, aber auch, weil sich der Austausch mit Betroffenen immer wieder als sehr interessant erweist.

Nea Kavala1-webAm 17.03.16 machten wir uns dann auf den Weg: Zusammen mit zwei weiteren Menschen aus dem Volunteershaus besuchten wir zuerst das Camp in Nea Kavala unweit von Idomeni. Schnell wurde deutlich, was es für refugees bedeutet, in solchen Camps wohnen zu müssen: UNHCR-Zelte, die im Matsch versinken, andere Zelte, die aber ebenso keine Böden haben und daher keinen Schutz gegen die Feuchtigkeit bieten. Eine lediglich rudimentäre Versorgung mit Essen, d.h. dass es zwar wie in allen Camps dreimal täglichNea Kavala2-web Essen gibt, die Rationen allerdings laut Aussagen der dort lebenden Menschen nicht ausreichen, um alle zu versorgen. Eine Kleiderausgabe, die nur für eine kurze Zeit am Tag öffnet, so dass viele in ihren nassen Klamotten ausharren müssen. Kein Zutritt zum Camp für Außenstehende, was durch einen Zaun sowie Polizei und Militär am Eingang gewährleistet wird.
Unsere nächste Station war Cherso, ein Ort im Länderdreieck Mazedonien, Bulgarien und Griechenland. Das Camp Cherso liegt auf einem Hügel am Ortsrand des 4500 Seelen-Dorfes und befindet sich derzeit noch im Aufbau, die Arbeiten am Zaun sind allerdings schon in vollem Gange. Es sieht so aus, als würde ein ca. 2,50 Meter hoher Zaun ums Camp gezogen werden, der zusätzlich mit Stacheldraht bestückt ist. Als wir ankamen, trafen wir viele Menschen auf der Wiese rund ums Camp, die teils mit kaltem Wasser ihre Wäsche wuschen oder versuchten, in der Sonne ihre nassen Kleidungsstücke zu trocknen.

Aber auch einige Cherso1-webKindergruppen hielten sich auf der Wiese auf, mit einer von ihnen kamen wir ins Gespräch und wurden eingeladen, auf ihrer Decke Platz zu nehmen. Die drei Geschwister und ihre Freundin berichteten uns – mit einigen Wörtern Englisch und Französisch – von ihrem Leben auf der Flucht und im Camp. Wir sprachen aber auch über witzige Sachen und erzählten von uns. Die Kinder wohnen mit ihren Familien im Camp, welche sie uns vorstellen wollten. Auch hier ist es „Unbeteiligten“ verboten, das Camp zu betreten, die Militärpatrouille aber war gerade nicht zu sehen. Cherso3-webWir trafen also den Vater der Geschwister und wurden direkt eingeladen, uns mit ihnen hinzusetzen und Tee zu trinken. Wir befanden uns alle mitten im Matsch vor einem offenen jurtenähnlichen Zelt, in dem die Mutter der Kinder sich ausruhte. Sie befindet sich kurz vor dem Geburtstermin ihres fünften Kindes, welches sie vermutlich in den nächsten Wochen auf einer durchnässten Pappe zur Welt bringen wird. Eine weitere Person im Camp berichtete uns von ihrem vier Monate altem Kind, welches stark erkältet sei und zugeschwollene Augen hätte. Sie hat es einem Arzt vorgestellt, welcher lediglich meinte, dass er nichts weiter tun könne. Auch der Familienvater wusste nicht, wie er seine Frau unterstützen sollte.
Während unserer Anwesenheit kamen einige Kinder mit Plastikschalen voll trockener Nudeln und einem Stück Fleisch. Dies sei das reguläre Essen, anscheinend gibt es auch hier wieder keine Vitamine. Die Babys müssten doch gestillt werden, spezielle Nahrung aber gebe es nicht, so der Familienvater. Wir trafen noch weitere Menschen, die alle von den unmenschlichen Zuständen berichteten. Es gibt weder Duschen noch warmes Wasser, die Waschgelegenheit beschränkt sich auf zwei Wasserschläuche. Cherso2-web
Gerade angesichts all der schlimmen Dingen, die wir hier sahen, war die Gastfreundlichkeit der Flüchtenden überwältigend. Wir konnten mit ihnen gemeinsam lachen und durften selbstgebaute Käscher bewundern, aber auch einen selbstgebauten Ofen. Zum Abschluss wurden noch Fotos gewünscht, welche wir verfremdet veröffentlichen dürfen.
Letztlich nahmen wir aus den Gesprächen abermals mit, dass die Menschen dringend Infos zur Situation an den Grenzen und zur EU-Politik wünschen. Wir hinterließen hier – wie überall anders auch – das Versprechen, wieder zu kommen und Flyer auf den jeweiligen Sprachen mitzubringen, damit die Cherso4-webLeute ihre Rechte, z.B. im Relocationprogramm, kennen und einfordern können. Dies wird ihnen dadurch erschwert, dass sie in den Camps kein Internet haben, weil es keine WLAN-Hotspots gibt.

Auch wegen der Berichte über die katastrophalen Zustände in den Militärcamps hat das DRK gestern angekündigt, eine mobile Gesundheitsstation nach Griechenland zu entsenden, die auf die Standorte Nea Kavala und Cherso aufgeteilt werden soll. Ob MSF dort vor Ort ist, konnten wir noch nicht herausfinden.

Weiter ging es Richtung Thessaloniki. Nach einigen gescheiterten Versuchen, das Camp im Industriegebiet vor der Stadt zu finden, fuhren wir doch dann erst einmal zum Squat Orfanotrofio und nutzen den WLAN-Hotspot im anliegenden Café, das wir schon von unserer letzten Tour im Januar kannten. Dort konnten mit Unterstützung aus Deutschland alle weiteren Adressen und GPS-Koordinaten recherchiert werden, so dass wir dann nach Einbruch der Dunkelheit endlich im Camp in Diavata eintrafen. Hier sind ca. 1900 Menschen untergebracht, was sogar die Einwohner_Innenzahl von Diavata, die bei etwa 1100 liegt, übersteigt. Im Februar brachten 40 Busse viele Flüchtende, die zuvor an der griechisch-mazedonischen Grenze ausgeharrt hatten, in dieses Auffanglager. Auch hier wieder ein Militäraufgebot sowie Polizei im Eingangsbereich. In einer Seitenstraße sind wir jedoch mit Leuten im Camp ins Gespräch gekommen, die berichteten, dass hier die meisten Menschen in containerartigen Bauten zu sechst wohnen. Alles weitere schien sich mit dem zu decken, was wir bereits in den anderen Camps gehört und gesehen hatten. Insgesamt wirkte die Situation dort aber entspannter, wenn mensch von dem Internierungslager-setting absieht. In Diavata kam jedoch nicht nur das Camp wie ein lebensfeindlicher Ort rüber, sondern auch die Umgebung, da sich das Camp in einem heruntergekommenen Industriegebiet zwischen Baracken und in Sicht- und Riechweite einer Ölraffinerie befindet.

Da lange Zeit an der Grenze abgewiesene Flüchtende wieder nach Athen gebracht wurden, wollten wir unbedingt in die Hauptstadt fahren, um die Standards in den dortigen Camps zu dokumentieren.

Das Hockeystadion ist ein verlassener Gebäudeteil des für die Olympischen Spiele 2001 errichteten Olympiakomplexes im Vorort Helliniko im Süden der Hauptstadt. Das Camp öffnete im September 2015, um diejenigen Flüchtlinge unterzubringen, die zuvor in einer anderen Sporthalle übernachten mussten, und hat eine Maximalkapazität zur Unterbringung von 500 Personen. Laut Aussagen der dort untergebrachten Personen wird diese Zahl aber deutlich überstiegen! Hier müssen Flüchtende unter heftigen Bedingungen leben: Sie sind alle in einer großen Halle untergebracht und schlafen dort in Zelten auf dem kalten und harten Steinboden, wodurch ältere Menschen über starke körperliche Schmerzen klagen. Kalte Duschen und Dixieklos sind vorhanden, allerdings auch hier viel zu wenige für die vielen Menschen. Besonders problematisch ist dort neben der fehlenden Privatsphäre die schlecht organisierte Essensausgabe, die – abgesehen von der Tatsache, dass sie direkt neben den Toiletten stattfindet und die Leute beim Schlange stehen dem Regen ausgesetzt sind – so langsam von statten geht, dass nach Ende einer Essensausgabe bereits die nächste wieder beginnt.

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Auch in diesem Camp haben die Flüchtenden keinen Zugang zu Informationen über Handlungsperspektiven und die Situation an der Grenze, ebenso waren die hier erhältlichen Informationen über das offizielle Relocationsprogramm unzureichend. Zwar gibt es wohl täglich Sprechstunden von Ärzt_Innen, die dann jeweils aber nur kurz im Camp sind. Neben der Polizei war während unseres Besuchs auch die Marine anwesend. Wir sprachen auch hier mit Menschen, die teils in der Essensausgabe warteten und daher genug Zeit hatten, uns ihre Geschichten zu erzählen. Um ihnen einen Überblick über die verschiedenen Informationen zu geben, verwiesen wir auf die Homepage von w2eu.net, welche die Leute auch weiterempfehlen wollten.

Am westlichen Stadtrand von Athen gelegen, befindet sich das Camp Eleonas mitten in einem verfallenem Industriegebiet, direkt neben einer Roma-Siedlung. Die Roma-Siedlung ist ein umzäunter matschiger Platz, auf dem notdürftig Hütten aus Müll zusammengebastelt wurden. Lebensfeindlichere Bedingungen sind wahrscheinlich nur noch in Kriegsgebieten zu finden. Von dem am 16. August 2015 eröffneten Camp, das aber immer noch einen besseren Ruf hat als die im Hockey- oder Taekwondo-Stadion, konnten wir nur feste Isoboxen und Essens- sowie Spielzelte sehen. Direkt am Eingang gab es einen Infopoint, an wir aufgehalten wurden. Der Zugang ist nur nach vorheriger Anmeldung und nach Erteilung einer Erlaubnis möglich.
Neben dem Eingangstor vorne, das für die Flüchtenden aber zumindest tagsüber offen steht, gibt es keine anderen Möglichkeiten ins Camp zu kommen, da es von einer Mauer „geschützt“ wird. Hier sahen wir nur die Polizei, kein Militär. Die NGO „Save the children“ war zumindest mit einem Auto vor Ort. Es gelang uns leider nicht, Menschen zu treffen, mit denen wir auf Englisch hätten kommunizieren können.

Schisto-webNach längerem Suchen erreichten wir schließlich auch das Militärcamp Schisto. Das Camp befindet sich auf einem Berg inmitten von Containerfriedhöfen und Firmen. Große Laster donnern den ganzen Tag an mehreren Seiten am Camp vorbei, um zur Schnellstraße zu gelangen. Schisto ist ein neu aufgebautes „Verteilungszentrum“, das aber bereits im Februar überfüllt war. Wir trafen eine Gruppe von Leuten etwa unseres Alters, aber auch einen 17jährigen Jugendlichen. Einer aus der Gruppe sprach fließend Englisch und erzählte viel von der Situation im komplett abgeriegelten Camp. Dort hätten fast alle die Krätze, weil es völlig überfüllt und die hygienischen Zustände entsprechend schlecht seien. Es gäbe sogar Quarantänebereiche! Das Camp ist umgeben von Stacheldraht und einem hohen Zaun, versehen mit einem Sichtschutz, der aber teilweise von den Menschen eingerissen wurde. Vor der Tür stand wieder Militär, das – ähnlich wie in deutschen Lagern – eine Art „Hausausweis“ der Leute beim Betreten und Verlassen des Camps kontrolliert. Fotos sind explizit verboten, so mussten auch wir irgendwann die Kamera einpacken, als jemand vom Militär neben uns anhielt…
Eine Person aus der Gruppe, mit der wir sprachen, bestätigte das Gerücht, das der Mensch in Idomeni wiedergegeben hatte und demzufolge das Tor ab 22 Uhr geschlossen werde. Er selbst erreichte das Camp abends nach Torschluss und musste die Nacht im Freien und in seinen durchnässten Klamotten verbringen. Zudem zeigte er uns Stellen an seinen Händen, die aus der Mangelernährung resultieren, und betonte, dass fast alle im Camp darunter litten. Außerdem erzählte er uns noch sehr interessante persönliche Sachen: Als er auf Chios ankam, wollte er zunächst dort bleiben, um beim Übersetzen zwischen neu ankommenden Leuten und Volunteers sowie NGOs zu helfen. Er erklärte, dass er zwar nicht mehr besitze als sein Leben, dieses aber trotzdem teilen und anderen Unterstützung bieten könne! Wir erzählten ihm von der Arbeit an der Grenze, so dass er schon überlegt, vielleicht demnächst dort mitzuarbeiten. Auch andere Leute aus der Gruppe berichteten von ihren Erfahrungen im Iran und Afghanistan, zeigten Narben von Misshandlungen seitens staatlicher Behörden. Einer von ihnen meinte, dass er im sogenannten „Dschungel“ vier Tage allein ausgeharrt hätte, weil die mazedonische Polizei und Armee überall patrouillierten. Letztlich haben sie ihn doch gefasst und über Skopje zurück nach Griechenland gepusht. Er meinte, dass der „illegale“ Weg durch die Balkanstaaten schon jetzt kaum zu schaffen sei, erst recht nicht für Familien mit Kindern. Die Abschiebungen in die Türkei kämen Abschiebungen ins Kriegsgebiet gleich, weil dort Fliehende völlig rechtlos seien und genauso wie im Iran Demo Athen-webbehandelt werden würden. Er wollte wissen, wie die Stimmung in Deutschland sei und erwartete mit Spannung die Ergebnisse der EU-Konferenz, hatte aber auch schon von den Befürchtungen vieler Aktivist_Innen und den internationalen Aktionstagen gehört. Da wir ohnehin in Athen waren, nahmen wir dann auch an der im Rahmen des Tags gegen Rassismus organisierten Demonstration durch die Hauptstadt teil.

Während des Schreibens dieses Berichtes lesen wir parallel gerade die ersten Ergebnisse der EU-Konferenz: der erweiterte Frontex-Einsatz und die Forderung an die griechische Regierung, die Grenzen besser zu „sichern“, damit weniger Menschen die Inseln und das festland erreichen. Die Politik der Abschottung wird immer weiter voran getrieben – Griechenland wird der Ausschluss aus dem Schengen-Raum angedroht, wenn sie nicht mehr Menschen davon abhalten, in die EU einzureisen. Das humanitäre Banner, das insbesondere die deutsche Regierung gerne vor sich herträgt, wird angesichts wirtschaftlicher Interessen schnell weggeworfen. Dafür wird auch Krankheit und Tod tausender Menschen in Kaufgenommen.

In diesem Sinne:

Organisiert Proteste gegen die menschenverachtende EU-Politik +++ Reißt die Grenzen nieder, auch von Deutschland aus +++ Lasst die Betroffenen nicht alleine +++ Wir alle tragen die Verantwortung für die Situation hier und überall +++ Für die globale Bewegungsfreiheit aller Menschen +++

 

 

 

 

 

1. bis 3. April 2016: No Border Action Days in Freiburg (D) und Basel (CH)!!!

Mobi-Aufruf

No Border Action Days

1. bis 3. April in Freiburg (D) und Basel (CH)

Heraus zu den No Border Action Days am ersten Aprilwochenende!

thHunderttausende Menschen stranden vor den Grenzen entlang der Balkanroute, der Jungle in Calais wird brutal geräumt, Zehntausende sterben im Mittelmeer und verschwinden in Abschiebeknästen – und die EU will schnellstmöglich die Freiheit im Inneren des Schengenraumes wieder herstellen, um endlich wieder entspannt Profit und Urlaub machen zu können? Am Arsch!

Wir* sind es leid, traurig und wütend dabei zuzuschauen, wie sich die Festung Europa immer weiter abschottet. Praktische Solidarität ist wichtig, humanitäre Unterstützung notwendig. Aber wir werden nicht die ganze Zeit Feuerwehr spielen, den Staaten unentgeltlich Grundversorgungsaufgaben abnehmen, und daran teilhaben, wie sich Europa im rassistischen Normalzustand einigelt. Unsere Verantwortung ist es vor allem, hier zu stören, wo es weh tut.

Wenn sie aus wirtschaftlichen Gründen die Grenzen des Schengenraums für Menschen auf der Flucht schlieszen, um ihre verblendete ‚Heile Welt‘ weiter abzuschotten – dann machen wir den Schengenraum unsicher!

Wir haben Ziele, keine Forderungen. Wir möchten die sogenannten „Entscheidungsträger*innen“ innerhalb und auszerhalb der EU/Europas nicht als solche legitimieren. Wir wollen offene Grenzen für alle. Unser Protest ist selbstorganisiert, die Welt, die wir bauen, ist es auch. Keine einzelne noch so krasse Initiative wird ein selbstbestimmtes Leben aller herstellen, aber die Summe entschlossener Aktionen hält diese Möglichkeit am Leben.

Until everybody’s free, no-one will be free!

In Freiburg und Basel gibt es am Freitag Raum für gemeinsame konkrete Vorbereitungen, weniger zum Vernetzen und Analysieren. Für Möglichkeiten der gemeinsamen Anreise zu den Aktionsorten und für Pennplätze wird gesorgt. Wir lassen uns gegenseitig mit wirtschaftlichen und emotionalen Folgen von Repression nicht alleine. Bleibt also gerne noch am Sonntag, damit wir uns aktiv solidarisch umeinander kümmern und emotional supporten können (siehe “ Ⓒ Out-of-Action“ – Konzepte).

Die genauen Aktionen werden wir erst vor Ort miteinander bequatschen.

Vor allem die wahrscheinlichen und möglichen Formen von Repression werden wir durchsprechen. Bereitet euch darauf vor, an diesem Wochenende entschlossen zu agieren. Wenn ihr eigene dezentrale Aktionen starten wollt, ist das selbstredend willkommen. Gleichzeitig gilt: Je mehr Menschen wir bei Groszaktionen sind, desto weniger kriegen Einzelpersonen auf die Fresse.

FIGHT ALL BORDERS!

Anreisepunkte:

Freiburg: Die KTS (Baslerstraße 103, 79100 Freiburg, keine Parkmöglichkeiten)

Basel: Infopoint am Hirscheneck (Lindenberg 23, 4058 Basel)

Einen längeren Aufruf, der detallierter erwähnt, wie ihr die No Border Action Days auch organisatorisch unterstützen könnt, ohne an den Aktionen teilzunehmen, findet ihr auf unserem Blog.

Blog:

noborderaction.blogsport.eu

Kontakt:

noborder[punkt]action[at]riseup[punkt]net

(Der public pgp-key ist auf einem Keyserver zu finden, ansonsten schicken wir ihn euch per Mail. Bitte gebt uns Bescheid, wie viele Pennplätze ihr braucht.)

* Das ominöse „wir“ ist hier ein loser Zusammenschluss politischer Aktivist*innen mit verhältnismäsziger Straffreiheit durch zufällige Privilegien.

15.3. Bericht von #naraontour über #marchofhope aus Idomeni/Griechenland (German and English)

(English below)

Tagesberichte Eidomeni 13.-15.03.2016

‪#‎naraontour‬

„Heute überschlug sich die Berichterstattung über die Vorgänge der letzten Tage. Soeben erfuhren wir, dass in den Medien „westliche Aktivisten“ für den auf twitter als ‪#‎marchofhope‬ benannten verzweifelten Versuch der Flüchtenden, endlich Griechenland zu verlassen, verantwortlich gemacht werden. Die hier unabhängig aktiven Menschen, die seit Monaten versuchen, die Flüchtenden auf ihrem Weg auf verschiedenste Art und Weise zu unterstützen und die EU in ihre Verantwortung zu ziehen, werden damit angeklagt hunderte Menschen in Gefahr gebracht und vermeintlich willentlich in die Ungewissheit geschickt zu haben. “

12829192_607934432702493_554708317906369841_oAm Abend des 13.03. wurde während unserer Essensausgabe im Camp ein fragwürdiger Flyer auf arabisch im Camp in Eidomeni verteilt. Dieser enthielt diverse falsche Informationen. Unter anderem, dass alle Menschen in die Türkei deportiert werden würden und sie diesem nur entkommen könnten, wenn sie es schaffen würden illegal nach Mazedonien einzureisen. Es wurde dazu aufgerufen sich am nächsten Tag zu treffen und gemeinsam loszugehen. Auf dem Flyer war eine Karte abgedruckt mit der genauen Wegbeschreibung zu einer Lücke im Grenzzaun. Unterschrieben war er mit „Kommando Norbert Blüm“. Wer der oder die wahre Urheber*in ist, ist immer noch ungeklärt.

Von Anfang an hatten wir große Kritik an diesem Flyer. Mitnichten schien das wirre Vorhaben eine wahre Perspektive zu eröffnen. Bereits am Abend des 13.03. kontaktierten Aktivist*innen aus unserem Umfeld die griechische NGO „Praksis“, die kurz darauf über die Lautsprecher im Camp durchsagten, dass der Flyer falsche Informationen enthält und das Vorhaben sehr gefährlich ist.

Am Morgen des 14.03. machten sich einige auf den Weg ins Camp, um zu sehen, ob die Menschen dem Aufruf folgen würden. Schnell wurde klar, dass sich sehr viele auf den Weg machen würden. Zu lange schon hatten die Menschen auf irgendeine Hoffnung heischende Information gewartet. Auch wenn keine*r wusste, wohin der Weg führen würde, waren alle fest entschlossen es zu versuchen. Wir und andere Aktivist*innen beschlossen, die Menschen nicht in ihrer freien Entscheidung zu beeinflussen, da wir mitnichten besser informiert waren als sie und die Menschen sich ohnehin nicht würden aufhalten lassen. Der Flyer war der Anstoß für die Massenbewegung, es war aber abzusehen, dass die Menschen nach so langer Zeit im Schlamm ohnehin aufgebrochen wären. Mit dem Vorhaben das Vorgehen der mazedonischen Polizei und des Militärs zu beobachten und zu dokumentieren machten sich einige von uns mit den Flüchtenden gemeinsam auf den Weg über die Grenze. Das einzige was denjenigen von uns, die entlang des Weges vor Ort waren, blieb, war den Weg – insbesondere die Überquerung des Flusses – für die Menschen so sicher wie möglich zu gestalten. In der Nacht zuvor waren dort bereits 3 Menschen ums Leben gekommen. Die Szenen die sich abspielten waren schrecklich. Alle Menschen, inklusive kleinster Kinder und Alte überquerten den eiskalten Fluss, obwohl niemand sagen konnte was danach geschehen würde.

Bald darauf erfuhren wir, dass diejenigen von uns und zudem alle Journalist*innen, die mit bis nach Mazedonien gelaufen waren, wegen illegalem Grenzübertritt festgenommen wurden. Die Flüchtenden, die es ebenfalls über die Grenze schafften, wurden von Militär umringt und bald darauf zurück nach Eidomeni transportiert. Diejenigen Flüchtenden, die zwar auf der anderen Seite des Flusses, aber noch auf griechischer Seite der Grenze verblieben, waren gezwungen die Nacht dort im Matsch zu verbringen und am heutigen Tag den gesamten Weg zurück nach Eidomeni zu laufen.

Heute überschlug sich die Berichterstattung über die Vorgänge der letzten Tage. Soeben erfuhren wir, dass in den Medien „westliche Aktivisten“ für den auf twitter als #marchofhope benannten verzweifelten Versuch der Flüchtenden, endlich Griechenland zu verlassen, verantwortlich gemacht werden. Die hier unabhängig aktiven Menschen, die seit Monaten versuchen, die Flüchtenden auf ihrem Weg auf verschiedenste Art und Weise zu unterstützen und die EU in ihre Verantwortung zu ziehen, werden damit angeklagt hunderte Menschen in Gefahr gebracht und vermeintlich willentlich in die Ungewissheit geschickt zu haben. Davon distanzieren wir uns mehr als deutlich! Ereignisse wie diese scheinen der öffentlichen Meinungsmache wie gerufen zu kommen, um autonome Hilfe und politische Arbeit in und um Eidomeni unmöglich zu machen und uns unter Generalverdacht zu stellen.

Wir werden weiterhin vor Ort sein, um Flüchtende zu unterstützen und aufzuzeigen, dass die Festung Europa verantwortlich für all dies ist!

Freedom of movement is everybodys right!

++++++++ English Version +++++++

Daily report Eidomeni 13.-15.03.2016 [english version]
‪#‎naraontour‬

At the night of the 13.03, during the food apportionment, a questionable Flyer in Arabic was spread in the Eidomeni Camp. It contained divers false information. Amongst others that all people wil be deported to Turkey and that the only possibility to get away is to illegal enter Macedonia. It further said to meet the next day and travel together. A map was printed on the flyer with exact directions to a gap in the border fence. It was signed with the name “Kommando Norbert Blüm” (“Command Norbert Blüm”). It is unclear who the real initiator/s is/are.
From the beginning we criticized the flyer, because it does not seemed to be a real perspective. At the same night already fellow activists contacted the Greek NGO “Praksis”.

12813943_607831622712774_761155077439651288_nThey informed the people through a speaker that this plan is very dangerous and the flyer contains false information.
In the morning of the 14.03 some of us went to the camp to see if people will follow the call. Soon it was clear that many wanted to set off. The people waited too long for some peace of information giving them hope. Although no one knew where the way was leading people were determined to try. We and the other activists decided not to influence the people in their free decision, because we had no further information as them and we could not have kept them from going anyway. While the flyer was the impulse for this mass movement, it was clear that the people, after such a long time in the mud, would go at some point. Some of us accompanied the refugees on their way to cross the border to document the actions of the Macedonian police and military. The only thing left to do concerning the refugees was to secure the way, especially the crossing of the river, as much as possible. In the night before three people died trying. All people including youngest children and the elderly crossed the ice-cold river, although no one could say what would happen afterwards. Awful pictures.
Soon afterwards those of us, including all journalists, were arrested on charges of illegal crossing the border. The refugees managed to cross the border as well were surrounded by the military and transported back to Eidomeni. Those of the refugees that remained on the Greek side of the river were forced to stay overnight in the mud and on the next day to walk back the whole way to Eidomeni.

Today the news reports about the events of the last days overturned. We came to know that the media is blaming “western activists” for, what is called ‪#‎marchofhope‬ on twitter, the desperate try of the refugees to finally leave Greece. The independent activists that try for months to help the refugees, in diverse ways, on their way and to hold the EU to account are accused of deliberately leading hundreds of humans into danger and uncertainty. We explicitly distance ourselves from this! Events like this seem to appear timely to eliminate autonomous help and political work in and around Eidomeni and further put us under general suspicion.
We will still be here to support refugees and show that Fortress Europe is responsible for this.

Freedom of movement is everybody’s right!

Bericht aus Belgrad 12.03.2016

Seit einer Woche sind wir nun wieder in Belgrad und knüpfen an die Erfahrungen an, die wir Ende Februar in dieser Stadt gemacht haben. Wie im Bericht vom 28. Februar angeklungen, befinden sich die Aktivist*innen der NoBorder Serbia Gruppe bereits am Limit ihrer Kapazitäten und bekommen wenig Unterstützung von anderen lokalen Gruppen. Der Wunsch nach einer kontinuierlichen, regierungsunabhängigen Struktur und Support von anderen Gruppen ließ uns zurück in diese Stadt kommen. In der vergangenen Woche ist dann so viel passiert, dass wir keine Zeit hatten kurze Zwischenberichte zu veröffentlichen. Diesem wollen wir nun nachkommen…

Mit der endgültigen Schließung der Grenzen dramatisiert sich die Situation in der Stadt und der flüchtenden, nun ausschließlich illegalisierten, Menschen zunehmend. Gelegen auf der Balkanroute zwischen Mazedonien/Bulgarien und Ungarn/Kroatien bildet die Stadt einen wichtigen Transitpunkt für die Weiterreise. Während es im Sommer 2015, als teilweise bis zu 1000 Menschen in der Nähe des Hauptbahnhofes übernachtet haben, noch viele aktive Unterstützer_innen gab, die sich in unabhängigen oder organisierten Strukturen engagiert haben, sind die Möglichkeiten der flüchtenden Menschen sich unabhängige Informationen zu beschaffen und mit Menschen in Kontakt zu kommen mittlerweile fast ausschließlich auf Container und Strukturen von NGOs bzw. staatliche Informationen beschränkt. Die Situation in Serbien ist dabei besonders prekär: um in einem Hostel oder einem Camp übernachten zu können, müssen sich die auf der Flucht befindenden Menschen bei der Polizei registrieren und ihre Intention Asyl zu beantragen melden. So bekommen sie dann ein Papier, das 72 Stunden lang gültig ist. Mit diesem Papier können sich die Menschen in einer legalen Grauzone in der Stadt aufhalten: wenn sie innerhalb dieser Zeit in ein Camp gehen und dort ihren Asylantrag bestätigen, bekommen sie einen Schlafplatz in einem der Camps – oder, wenn sie die finanziellen Mittel dafür haben und kein Asyl beantragen wollen, können sie in einem Hostel einchecken. Was genau nach diesen 72 Stunden passiert weiß hier so recht niemand zu beantworten. Diese fehlende Information steht nur sinnbildlich für die prekäre Informationslage im Allgemeinen.

In unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof, quasi direkt im Herzen Belgrads, liegen zwei Parks, welche die zentrale Anlaufstellen für die flüchtenden Menschen bilden. Hier befinden sich zwei Container des Red Cross, welche morgens und mittags Menschen notdürftig mit kleinen Essensrationen versorgen. Auch ein Container des UNHCR befindet sich auf dem Gelände, wir haben diesen jedoch noch nicht geöffnet gesehen. Desweiteren gibt es vereinzelt Menschen von anderen NGOs, mit welchen wir in Kontakt gekommen sind, die sich mit den flüchtenden Menschen unterhalten und diesen Informationen geben. Nach allem was wir gehört haben, bewegen sich diese Informationen jedoch in einem Rahmen, der durch die zunehmende Verschärfung der Abschottung europäischer Staaten unzumutbar wird: “beantrage in Serbien Asyl und akzeptiere deine Situation und dass du hier bleiben wirst”. Dass Asylanträge in Serbien jedoch eine Anerkennungsquote nahe Null haben, diese “Beratung” komplett an den Bedürfnissen, Wünschen und Willen der Menschen vorbeigeht und die Situation in Serbien auch für diejenigen, die tatsächlich Asyl bekommen sollten, nicht gerade rosig aussieht, wird dabei entweder bewusst ausgeblendet oder verdrängt.

Insgesamt sind wir an diesem Ort mit zwei Ebenen konfrontiert, die die Absurdität des europäischen Systems repräsentieren: auf der einen Seite ist die materielle Versorgung der sich hier befindenden Menschen einigermaßen gesichert, sprich es gibt theoretisch Kleidung, Essen, Duschen und Schlafplätze. Auf der anderen Seite ist sowohl die Lage vor Ort als auch die Aussicht auf Weiterkommen so gut wie aussichtslos und auch ohne geschlossene Camps sind die Menschen gefangen im rechtlichen Rahmen der europäischen Migrationspolitik. Diese Ambivalenz mündet sowohl bei den unterstützenden politischen Gruppen vor Ort als auch bei den hier festsitzenden Refugees in einer erlernten Hilflosigkeit gegenüber diesem bürokratischen Apparat namens Europäischer Union, der Menschenleben nur als Nummern im System erfasst und entgegen der Wünsche der Menschen arbeitet.

Seit einer Woche befinden wir uns nun hier und versuchen gemeinsam mit anderen lokalen Gruppen eine kontinuierliche, unabhängige Struktur zu etablieren. Während sich der Support in den ersten Tagen auf Tee und Kaffee, sowie Unterhaltungen und Kennenlernen der Refugees beschränkt hat, gibt es mittlerweile eine Wohnung, welche sich zu einem festen Anlaufpunkt für verschiedene linke Gruppen etabliert und ein Ort der Vernetzung politischen Protests wird. Zudem sind mit dieser Wohnung die Ressourcen vorhanden, jeden Tag eine warme Mahlzeit für ca. 150 Menschen zuzubereiten. Angefangen mit Linsensuppe, über Reis mit Currygemüse bis hin zu morgens Frühstücksbrei und abends Nudeln mit Bärlauchpesto und süßem Kohl gab es nun bereits drei Tage in Folge die Möglichkeit für alle, nicht nur warm, sondern auch bis hin zum Sättigungsgefühl zu essen.

Über diese regelmäßige Präsenz im Park ist es uns möglich geworden, bereits in kurzer Zeit intensiven, zum Teil sehr vertrauensvollen Kontakt mit den Refugees herzustellen. Wir unterhalten uns dabei vor allem auf Französisch und Englisch, zum Teil auf Spanisch. Die Geschichten, die wir in unseren abendlichen Gesprächen mitbekommen und die über die Tage hinweg immer intensiver geteilt werden, sind dabei mehr als schockierend. Sich in diesen Tagen in Belgrad aufzuhalten ist von einer rein legalen Perspektive aus betrachtet eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Das bedeutet für uns, dass jede einzelne Geschichte der Refugees geprägt ist von unfassbaren physischen und psychischen Gewalterfahrungen. Sowohl in Mazedonien, als auch in Bulgarien sind Menschen auf der Flucht in der ständigen Gefahr vor Raubüberfällen und körperlicher Misshandlung. Dabei werden sie nicht nur ihrer Wertgegenstände wie Geld oder Handys beraubt. Vielen flüchtenden Menschen wurden ihre Schuhe weggenommen – für uns eine Handlung, die nichts anderem als menschlicher Entwürdigung entspricht. Dieses Kleidungsstück hat weder einen besonderen Wert, sodass sich individueller Profit daraus schlagen ließe, noch lassen sich aus Schuhen relevante Informationen ableiten, der Raub von Schuhen ist daher wohl vielmehr symbolisch zu interpretieren: das Weiterkommen wird ohne Schuhe mindestens erschwert, aufgrund eisiger Temperaturen und schlechtem Wetter jedoch zu einer Garantie von Krankheit bis hin zu schleichendem Tod. Nach tage- bis wochenlangem Wandern durch unwegsames Gebiet, bei eisigen Temperaturen und aufgrund der ständigen Gefahr entweder von Polizei oder Militär, oder durch denunzierende Bevölkerung entdeckt zu werden nur bei Nacht laufend, grenzt es für uns eigentlich an ein Wunder, dass es dieser Tage noch Menschen bis nach Belgrad schaffen. Die wenigen, die hier ankommen, befinden sich jedoch noch lange nicht in Sicherheit, sondern sind weiterhin mit einer für uns fast nicht auszuhaltenden Aussichtlosigkeit konfrontiert. Da sich darüber hinaus die rechtliche Lage der einzelnen Staaten, sowie des Gesamtkonstrukts EU so gut wie jeden Tag verändert, sind auch die aktuellen Informationen, die wir weitergeben können, aus unserer Perspektive weit entfernt von praktischer Hilfe oder Hoffnung auf Möglichkeiten zur Weiterreise. Dass es viele dieser Menschen trotz alledem schaffen, uns mit einer offenen und freundlichen Stimmung zu begegnen und noch nicht vor dem Leben kapituliert haben, ist für uns manchmal unbegreiflich.

Und so sitzen wir abends in unserer warmen, vollausgestatteten Wohnung in unmittelbarer Nähe des Parks und verzweifeln an der Ambivalenz, die sich in dieser ganzen beschissenen Situation um unser Leben herum auftut. Denn schlussendlich sind wir von dieser ganzen Thematik nur sekundär betroffen, sind wir doch diejenigen, die der Zufall mit einem deutschen Pass geboren hat. Wenn wir am Rande unserer Kräfte sind können wir uns nicht nur in ein warmes Bett legen, sondern werden auch von unseren Freund*innen aufgefangen. Und in letzter Konsequenz sind diese Grenzerfahrungen immer durch den doppelten Boden der Möglichkeit und des Rechts einfach in einen Zug oder ein Auto zu steigen und zurück in den Elfenbeinturm zu fahren, um dort in der Routine des Alltags und der emotionalen Wärme unserer sozialen Netzwerke Zuflucht zu finden, gesichert.

Einer der Refugees beschrieb diese Ambivalenz und Aussichtslosigkeit neulich mit dem Satz “me cago en la puta vida” was so viel bedeutet, wie “ich bin gefangen in diesem beschissenen Leben” – treffender hätte es wohl nicht auf den Punkt gebracht werden können.

Andererseits kontrastiert sich diese Aussichtlosigkeit an der Synergie, die sich in dieser Wohnung ergibt. Nicht nur die Qualität des zunehmend organisierter zubereiteten Essens wächst mit jedem Tag, sondern auch die politischen Strukturen, die sich an diesem Ort entwickeln, geben uns das Gefühl, dass es gut ist, dass wir hier sind und die Spenden dafür nutzen, diesen Prozess finanziell zu ermöglichen. Gerade heute fand zum Beispiel ein Vernetzungstreffen von lokalen Gruppen in dieser Wohnung statt, mit dem Ziel, den Protest nicht nur in Form von Essen und Tee, sondern auch mit Worten, Demonstrationen, Bannern und Forderungen auf die Straße zu bringen. Und so steht für uns am Ende des Tages die Erkenntnis, dass wir mit unserer politischen Arbeit hier vor Ort schlussendlich zwei Dinge tun können: erstens, den Refugees, mit denen wir in Kontakt kommen für ein paar Stunden ihre menschliche Bedeutung zurückzugeben und sie in ihrer Individualität wertzuschätzen, ihnen in all den Jahren der Verfolgung durch Behörden und Staaten für einen kurzen Moment das Gefühl der Illegalität abnehmen und einfach mal “sein” zu lassen und zweitens, mit den finanziellen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, den politischen Protest in Belgrad zu entlasten, zu unterstützen und zu begleiten.

Und so stehen wir nun hier in Belgrad, kochen und begegnen Menschen mit ihren Geschichten ohne die Möglichkeit, etwas an dieser Situation zu ändern. Der Versuch, diesen Menschen auf halbem Wege zu begegnen, ist immer überschattet durch die Ungleichheit der Verhältnisse, in die wir hineingeboren wurden. Beim gemeinsamen Tee trinken präsentiert sich diese Ungleichheit nackt und unverschleiert –.

Und so füllen sich die Worte, die wir zwar schon vor Jahren gerufen haben mit individuellen Geschichten und persönlichen Kontakten, mit der Erkenntnis, dass das, was wir teilen, die Liebe gegenüber den Menschen und der Hass auf die Grenzen ist.

In diesem Sinne,

fight all fucking borders.

Kein Mensch ist illegal! Erfahrungsbericht über Zustände in Griechenland und Mazedonien und Möglichkeiten der Hilfe

Nächste Woche finden zwei Info-Veranstaltungen in Bramsche und Rieste statt.
Sagt es weiter, kommt vorbei und bringt noch ein paar Leute mit!

Erfahrungsberichte_März2016

 

 

Veranstaltungsflyer zum Download (PDF)

 

 

 

 

Erfahrungsberichte aus Griechenland und Mazedonien von Orten, an denen internationale Hilfsorganisationen blind sind und an denen Unrecht zu Recht wird.

Monatelang waren auf der sog. Balkanfluchtroute die Grenzen nur noch für Flüchtende aus bestimmten Ländern legal passierbar. Diese Trennung in „legale“ und „illegale“ Flüchtende macht es umso wichtiger, alle Menschen auf ihrer Flucht zu unterstützen! Polizei und Militär gehen im Auftrag Europäischer Beschlüsse gewaltvoll unter Einsatz von Tränengas, Schlagstöcken, Gummigeschossen und Elektroschockern gegen „illegale Flüchtlinge“, Protestierende und Gefangene vor. Seit dem EU-Türkei-Gipfel am 08.03.2016 ist sie komplett geschlossen.

Diese menschenverachtende Politik verstößt gegen das Grundrecht auf Asyl und nimmt billigend in Kauf, dass Menschen auf ihrer Flucht sterben. Viele Menschen, die nicht den „legalen Weg“ gehen können, sind auf sich alleine gestellt. Weder UNHCR noch Rotes Kreuz helfen den sogenannten „illegalen Flüchtlingen“.

Seit Monaten werden die meisten dieser Menschen nur noch von unabhängigen Aktivist*innen mit Essen, Kleidung und medizinischer Hilfe versorgt. Was mit kleinen Gruppen im Herbst 2015 begann, hat sich inzwischen zu einem großen internationalen Netzwerk engagierter Einzelpersonen entwickelt, das ganz ohne jede übergeordnete Organisationsstruktur funktioniert. Allein in Idomeni werden von diesen unabhängigen Aktivist*innen täglich 10.000 Mahlzeiten für Menschen gekocht, denen sonst keine internationale Hilfsorganisation helfen würde. Tausende von Menschen werden entlang ihrer Fluchtwege nur von unabhängigen Helfer*innen mit Nahrung, Kleidung und Medizin versorgt.

In der Veranstaltung werden Menschen aus dem Raum Osnabrück sprechen, die selber aktiv in Griechenland und Mazedonien waren. Über die persönlichen Erfahrungen wollen wir erlebbar machen, dass diese Arbeit abseits öffentlicher Aufmerksamkeit und trotz (oder gerade wegen) menschenverachtender politischer Beschlüsse Europas fortgesetzt werden muss.

(Wir bitten zu bedenken: Die Bilder und Erzählungen stellen teilweise gewaltvolle und schlimme Situationen bzw. Zustände dar. Achtet auf euch und sagt Bescheid, wenn es Euch zu viel wird.)

„Kein Mensch ist illegal!“

Spendenkonten: Verwendungszweck: “Unterstützung Balkan”

Rote Hilfe e.V. (Spendenquittungen f. Finanzamt zwar nicht möglich, aber für uns sehr wichtig für Ausgaben ohne Belege wie z.B. Lebensmitteleinkäufe auf dem Bazar u.ä.)
IBAN: DE18 4306 0967 4007 2383 04 BIC: GENODEM1GLS

Steinschleuder e.V. (Spendenquittungen f. Finanzamt möglich)
IBAN DE80 4306 0967 0027 4335 00 BIC GENODEM1GLS

BIKU e. V. Bramsche
IBAN: DE15 2655 1540 0015 9009 47 BIC: NOLADE21BEB

„Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.“ – Vaclav Havel

Bericht aus Idomeni

Idomeni, 01.- 03.03.2016

Wir waren für drei Tage in Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze. Dort sitzen in einem inoffiziellen Camp direkt vorm Grenzübergang tausende Flüchtende fest, weil Mazedonien seine Grenzen geschlossen hat. Als wir ankamen, waren rund 8000 Menschen dort, zwei Tage später waren es schon über 12000. Kleine Zelte stehen längst weit auf den umliegenden Feldern und es gibt weitaus weniger davon als nötig wären. Bei Regen steht das ganze Camp unter Wasser und im Schlamm. Es fehlt an allem, die Versorgung durch NGOs wird der immer weiter wachsenden Anzahl an Menschen nicht gerecht. In ganz Griechenland verteilt stecken zurzeit über 20000 Menschen fest, von denen viele zu Fuß auf dem Weg Richtung Grenze sind. Schon vor einer Woche mit noch 6000 Menschen im Camp bezeichneten das slowenische Fernsehen und viele andere Quellen die Situation als “humanitäre Katastrophe”. Weiterlesen